5 Februar, 2009 von Vanya Nikolaeva
Kann man die Musik mit Alchemie vergleichen?
Wir beschäftigen uns alle drei schon lange, unabhängig voneinander, mit dem Thema Alchemie, und vielleicht haben wir auch dadurch zusammengefunden. Man sagt ja: “Wenn die Chemie stimmt”! Oder wie ich denke: “Wenn die Alchemie stimmt”! Es ist das Stirb-und-Werde, das Loslassen-Können, den Mut zu haben, sich von Dingen zu trennen, sich zu befreien, um Raum für Neues zu schaffen und einen gewissen Frieden mit sich selbst zu machen. Juliane hat das sehr treffend in ihrem Text von “Opus Magnum” gesagt: “Wahres Licht deines Selbst sei dein Gold!”
Was macht das Mittelalter besser als das 21. Jahrhundert?
Zunächst hat jedes Zeitalter gute und schlechte Abschnitte. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit dem Begriff Mittelalter eine Zeitspanne von 800 bis 1000 Jahren meinen.
Aber grundsätzlich kann ich sagen, dass ich im Mittelalter sicher genauso zurecht gekommen wäre wie in der heutigen Zeit. Natürlich haftet dem Begriff Mittelalter auch viel Romantik an und den Grund für den “Mittelalter-Boom” sehe ich darin, dass das Leben im Mittelalter greifbar und überschaubar war, und danach sehnen sich die Menschen in unserer schnellebigen und unüberschaubaren Zeit. Man spricht ja immer davon, dass “früher alles besser war”, aber ob es besser war, kann ich allerdings nicht sagen, ich war nicht dabei – und wenn doch, dann habe ich es wohl vergessen.
Was Hat am meisten Ihre Musik beeinflusst?
Wir machen unser Ding und adaptieren natürlich auch Einflüsse fremder Kulturen und Religionen. Wir sind sozusagen eine kosmopolitische Band.
Das gilt sowohl für „van Langen“ wie auch für „Des Teufels Lockvögel“
Das Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten und auch die besten Lieder. Ich komme vom Rock und Blues – damit hat ja auch alles angefangen: mit der Suche nach dem deutschen Blues. So bin ich zu den Minnesängern und Spielleuten des Mittelalters gekommen. Ein Blues weist z.B. auch das gleiche Schema wie ein Minnelied auf.
Ich höre selten Musik, ohne dass nebenbei aus der Küche das Radio, aus dem Kinderzimmer Märchenkassetten und aus dem Wohnzimmer das Klavier oder sonst ein Instrument dröhnen. Das heißt, alles findet sich im Ohr zusammen zu einem musikalischen Gebilde, das wirklich interessant ist.
Erzählen Sie bitte etwas mehr über Ihr letztes Album “Schw. K”
„Schwarze Kunst“ ist nach über drei Jahren das erste offizielle Album von „DTL.“
Wie der Titel anmuten lässt, hat „schwarze Kunst“ das Thema Alchemie zum Inhalt. Jedem Lied wurde ein alchemistischer Prozess zugeordnet, der zur Erlangung des Steins der Weisen notwendig ist. Darum werden die Lieder jeweils von einem alchemistischen Spruch eingeleitet, der am Ende die Anleitung zur Herstellung des Lebenselixiers ergibt.
Wir haben auf dieser CD wesentlich mehr Eigenkompositionen als auf den letzten Alben, und die traditionellen Stücke haben wir nach den Stufen des alchemistischen Prozesses ausgewählt — was passt z.B. besser zu “Solution” — Vereinigung, als Tempus est iocundum mit einem echten Orgasmus? Ich habe bei der Produktion auch wesentlich mehr Augenmerk auf Percussion und Rhytmus gelegt, aber wie auch auf dem Vorgänger Album „Carmina Mystica“ wurden ausschließlich echte Instrumente verwendet.
Wie würden Sie die musikalische Welt von DTL mit ein paar Worten beschreiben?
Es ist der alchemistische Schmelztiegel, in dem sich Töne, Worte und Gefühle vereinen. Mal zart, mal hart – die Mischung macht es.
Der mutigste Traum als Band?
Wir leben unseren Traum und träumen nicht unser Leben. Wir stehen mit den Füßen auf dem Boden und haben trotzdem den Kopf in den Wolken. Ein Traum erfüllt sich, wenn einem die Menschen zuhören und die Worte glauben. Damit hat man aber auch ein sehr großes Stück Verantwortung übernommen – die Geister, die ich rief… Man muss vorsichtiger sein mit seinen Aussagen, wenn man weiß, dass man ernstgenommen wird.
Welche Botschaft hat Ihre Musik?
Ich denke, auch hier ist der Weg das Ziel. Seit Menschengedenken stellt man sich die Frage nach dem Sinn des Lebens. Für mich besteht der Sinn darin, das Leben als solches zu akzeptieren, es bewusst zu leben und auszuleben; es ist wohl nur eine Station, vielleicht auch eine „Göttliche Fremdenlegion“ oder „Teufelsinsel“ für diejenigen, die in der Anderswelt – nenn’ es Himmel, Hölle, Nirvana oder wie auch immer – Mist gebaut haben und deshalb auf die Erde mussten, und wer dieses Leben hier nicht meistert muss noch mal von vorne anfangen, ebenso wie in der Schule.
Wenn Du Sechser hast, fällst Du durch und musst den Mist wiederholen. Mal sehen, was bei drei Sechsern passiert! Ich habe dieses Thema auch für die nächste CD wieder aufgegriffen, und das zeigt doch, dass diese Frage nicht so einfach beantwortet werden kann…
“Reisen wir in andre Zeyten, die wir niemals ganz versteh`n. Wer die eigene Zeyt nicht meistert wird in jeder untergeh`n“… (van Langen “Zeytreise 2009).
Haben Sie einen Lieblingsspuch?
Wenn Du willst, dass etwas geschieht – mach es selber.
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